Willi Ostermann

Veröffentlicht am 15. November 2013

Willi_OstermannWilli Ostermann wurde am 1. Oktober 1876 am Picolonischen Weg Nummer 1 in Mülheim am Rhein geboren. Drei Jahre später zog die Familie nach Deutz um. Dort besuchte Willi von 1883 bis 1891 die Volksschule. Danach absolvierte er eine dreijährige Lehre als Stereotypeur und Galvanoplastiker, lernte also das Herstellen von Matrizen sowie das Gießen und Ziselieren von Druckplatten. Den jungen Mann aber zog es zur Bühne, zum Puppenspiel, zur Parodie.

1899 entstand sein erstes Lied vom Düxer Schötzefess. Seine zweite Frau, “et Kätt”, pflegte später zwar Störenfriede barsch mit den Worten abzuwehren: “Dä Will es am komponeere”, doch konnte Ostermann weder Noten schreiben noch lesen. Er fügte die Melodien im Kopf zusammen. Dann sang er sie auf eine Wachswalze, eine Zinkplatte und später auf ein Magnetophonband. Oder er pfiff sie einem Notenschreiber vor. Manchmal war das sein Schwager Emil Palm, ein Kapellmeister. Wenn der einmal einen fachlichen Einwand hatte, rief ihn dä Will zur Ordnung: “Bes Du dä Komponist oder ben ich et?”. Gleichwohl hat Hartmut Prieß von den Bläck Fööss einmal festgestellt: “Was dieser Mann an Musikalität in sich hatte, das bringt heute keiner mehr”.

Als der Fastelovend sein Eigenleben zu verlieren drohte, weil Revue, Schlager und auf kölsch umgetextete, zum Teil ordinäre Berliner Gassenhauer die Kölner Bühnen eroberten, revolutionierte Willi Ostermann 1907 mit seinem Lied “Däm Schmitz sing Frau es durchjebrannt”, das Karnevalslied. Nur ein Jahr später gewann er bei dem von der Literarischen Gesellschaft Köln initiierten “Blumenspiel” den Preis für das beste Lied in kölscher Mundart. Jedes Jahr brachte er von da an neue Texte und Melodien heraus, mit denen er die Volksseele beschrieb und beeindruckte wie kein anderer. Es waren Lieder, die das Heimatgefühl der Menschen tief ansprachen. Der menschliche Alltag wurde in den Ostermann-Liedern ganz einfach zu etwas Faszinierendem. Belanglosigkeiten und Banalitäten wurden schillernde Wirklichkeit, in der sich jeder selbst wiederfinden konnte. Die Milieuschilderungen waren leicht mitsingbare Geschichten. Er sah dem Volk aufs Maul, schrieb, was er sah, war so etwas wie eine singende Zeitung:

„De Wienands han ´nen Has em Pott“
„Kinddauf-Fäß unger Krahnebäume“
„Et Stina muß ene Mann han!“
„Villa Billa (Jetz hät dat Schmitze Billa)“
„Kut erop! Kut erop! Kut erop!“

In fast dreißig Jahren entstanden mehr als 100 Ostermann-Titel. Gut zwei Dutzend davon wurden richtige Evergreens, die heute noch auch über die Grenzen Kölns hinaus bekannt sind. Das gilt natürlich ganz besonders für die Rheinlieder in hochdeutscher Sprache, die den Mann mit dem “Bibbi” sogar im Ausland bekannt gemacht haben. Als um 1920 die Rheinromantik eine Renaissance erlebte, dichtete Willi Ostermann Lieder von Rhein, Wein und Mägdelein:

„Einmal am Rhein“
„Rheinische Lieder, schöne Frau´n beim Wein“
„Drum sollt ich im Leben ein Mädel mal frei´n“
„Da wo die sieben Berge am Rheinesstrande steh´n“
„O Rheinland, wie bist du so schön“

Ostermann gastierte in Hamburg und Berlin, auf Norderney und Borkum, am Lago Maggiore und auf Madeira. Er besang Schallplatten, verdiente viel Geld und verspielte es am Kartentisch, beim Roulette, auf der Pferderennbahn. 1930 entsprach Ostermann mit seinem Lied “Och, wat wor dat fröher schön doch en Colonia” dem Wunsch nach mehr Menschlichkeit und Wohlbehagen in einer immer anonymer und fremder werdenden Gesellschaft. Im Juli 1936 erlitt Willi Ostermann bei einem Gastspiel im Kurhaus von Bad Neuenahr einen Schwächeanfall. Er wurde in die Klinik Lindenburg gebracht, die er nicht mehr verlassen sollte.

Wenige Tage vor seinem Tod am 6. August 1936 schrieb er sein letztes Lied, das bald so etwas wie die heimliche Nationalhymne der Kölner werden sollte „Heimweh nach Köln (Wenn ich su an ming Heimat denke)”.

Veröffentlichung:
„Willi Ostermann – Sein Leben und Schaffen in Film, Musik und Wort“
Präsentbox mit 3 CDs und einer DVD (Katalognr.: 949-00835, VÖ: 2011, Carlton Musikvertrieb)

„Willi Ostermann – Gesamtausgabe“
Ein Leben für den Frohgesang am Rhein
Klavierausgabe mit vollständigen Texten (ISBN 978-3-87252-232-0, Gerig Musikverlage)


Kategorie: Autoren, Interpreten
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